odontolabis elegans

Odontolabis Elegans, Stacking von 622 Einzelbildern aus 6 Stapeln

 

Willkommen im zweiten Teil meiner kleinen Serie zum Käfershooting.

Im ersten Teil ging es unter anderem darum, wie ich die exotischen Käfer zur Fotografie vorbereitet habe. Hier im zweiten Teil berichte ich von der technischen Herangehensweise, um so ein Bild zu erstellen.

Grundsätzlich hat jedes Kameraobjektiv einen individuellen Bildwinkel. Je größer der Bildwinkel, desto größer ist - wenn alle anderen Parameter unverändert bleiben - der Aufnahmebereich. Bei einem Weitwinkelobjektiv ist der Aufnahmebereich größer als bei einem Standardobjektiv und weitaus größer als bei einem Makroobjektiv.

Abb. 1: Prinzip des Stackings (Quelle: gigamacro.com)

Abb. 1: Prinzip des Stackings (Quelle: gigamacro.com)

von cm zu μm

Bei dem Objektiv, welches ich hier verwende, kann ich ein Objekt aufnehmen, welches maximal ungefähr 1 cm breit ist. Das bedeutet, dass wenn ein zu fotografierendes Objekt 5 cm breit ist, ich eine erste Aufnahme erstelle, in dem ich beispielsweise links beginne, dann die Kamera (oder das Objekt) um einen halben cm nach rechts bewege (um für das spätere Zusammenführen der Bilder eine hinreichende Überlappung der Aufnahmen zu erhalten), dann das nächste Bild mache, dann die Kamera wieder verschiebe usw., in Abbildung 1 entspricht das der x-Achse.

Aufgrund der besonderen Konstruktion von Makro- und Lupenobjektiven ist es so, dass diese nur einen ganz geringen Fokusbereich scharf abbilden können. Bei maximaler Vergrößerung meines Objektivs beträgt der Fokusbereich bei entsprechender Blende beispielsweise wenig mehr als 1 μm, also 0,001 Millimeter. Zum Vergleich: Ein dünnes menschliches Kopfhaar hat einen Durchmesser von ca. 0,06 mm.

Dieser technisch bedingt geringe Schärfebereich ist der Grund dafür, warum so viele Einzelbilder notwendig sind, um ein scharfes Bild zu bekommen, auch wenn einzelne Bereiche des abzubildenden Objekts unterschiedlich weit vom Kamerasensor entfernt sind.

Das Hauptbild oben besteht aus 6 Stapeln (x-Achse) zu je 63 bis 153 Einzelaufnahmen (z-Achse). Insgesamt sind es 622 Einzelbilder. Diese Bilder habe ich dann mit einer speziellen Software miteinander verrechnet. Das so entstandene Bild ist die Basis für die weitere Bearbeitung, die ich Euch im dritten Teil meiner Serie erkläre. Übrigens nehmen diese 622 Bilder ~15 GB Speicherplatz ein.

Abb. 2: automatisierter Makroschlitten

Wie wird nun die Kamera gleichmäßig um jeweils wenige μm bewegt?

Und zwar enorm präzise auch bei Hunderten von Aufnahmen? Idealerweise sollte der Vorgang reproduzierbar sein, um, falls die Aufnahmen nichts geworden sind, den gleichen Lauf mit veränderten Einstellungen zu wiederholen.

Dazu verwende ich die Konstruktion, die Ihr in Abbildung 2 und 8 seht. An einem speziellen Controller (Abb. 8) kann ich die Entfernung einstellen, welche die Kamera zwischen den Aufnahmen zurücklegen soll. Dann fahre ich die Kamera in die Ausgangsposition, setze eine Markierung, fahre zur Endposition und setze wieder eine Markierung. Zusätzlich gebe ich den Abstand zwischen den einzelnen Aufnahmen in μm an. Dieser Abstand ist abhängig von den Aufnahmebedingungen und der gewünschten Vergrößerung. Üblicherweise liegt er meist irgendwo zwischen 1 und 200 μm. Es werden dann die Anzahl der zu erstellenden Aufnahmen, die Gesamtdauer und einige weitere Parameter berechnet. Die Strecke wird automatisch abgefahren, es werden die zu erstellenden Aufnahmen durchgeführt und auf dem Laptop gespeichert.

Zusätzlich können noch zahlreiche weitere Parameter bei den Aufnahmen automatisiert variiert werden. Die Erklärung dieser Parameter würde den Rahmen dieses Blogbeitrags sprengen.

Es werde Licht

Besonders anspruchsvoll bei Aufnahmen in einem Maßstab jenseits von 1:1 ist die Lichtführung. Weiches Licht zu bekommen, also eine Beleuchtung, die keine hellen, ausgefressenen Bereiche auf dem Objekt zeigt, ist schwierig. Meine aktuell beste Lösung ist, einen starken LED-Strahler zu verwenden und fünf Lagen weißes Butterbrotpapier davor zu bringen, um möglichst weiches Licht zu bekommen. Der Strahler hat auf diese kurze Entfernung eine Leistung von rund 5.000 Lumen.

Trotzdem ist das Licht aber mit dieser Konstruktion noch zu hart. Deshalb platziere ich den Käfer in einem weißen Joghurtbecher. Das sorgt dafür, dass ich ein möglichst feines Licht bekomme. Von der einen Seite strahlen die LEDs durch den Becher, von der anderen Seite reflektiert ein weißes Blatt das auftreffende Licht. Dadurch, dass ein Teil des Lichts von dem hellen Papier abstrahlt, wirkt das Bild einerseits relativ ausgewogen, andererseits sind durch die ungleichmäßige Lichtsituation aber auch Schatten zu erkennen. Dadurch wirkt der Käfer dann etwas “räumlicher”, als wenn ich von beiden Seiten gleich helle Strahler einsetze oder gar einen Ringblitz verwende. Das könnt ihr oben am Hauptbild gut erkennen.

Auf die Rückseite des Bechers habe ich von innen eine schwarze Serviette geklebt, um einen schwarzen Hintergrund zu bekommen (Abb. 3 und Abb. 4). Zahlreiche Versuche haben gezeigt, dass ein dunkler Hintergrund, gerade bei exotischen Käfern, meist besser aussieht.

Vorne habe ich ein Loch geschnitten, durch das ich fotografiere. Hinten habe ich in den Becher einen vertikalen Schlitz geschnitten, durch den ich einen Stab schiebe. Im Abb. 3 und 4 zeige ich das am Beispiel eines Streichholzes.

Auf den Stab (im Beispiel auf den roten Streichholzkopf) klebe ich dann mit Heißkleber den Käfer am Panzer fest (Abb. 5). Diesen kann ich dann durch den vertikalen Schlitz in der Höhe und Lage verschieben. Auf der Rückseite habe ich den Stab mit einer (oder mehreren) Krokodilklemme(n) befestigt. Die Konstruktion von hinten seht Ihr in den Abbildungen 3 und 6. In Abbildung 7 seht Ihr den vorbereiteten Käfer - auf zwei Bänden des Brockhaus. Auf Abbildung 8 nun die komplette Konstruktion.

Der Aufbau

Abb. 8, der fast vollständige Aufbau

  • Laptop — Aufzeichnung der Bilder

  • Controller — Steuerung der Einzelaufnahmen

  • weißer Hintergrund zur Reflektion des Lichts vom Strahler (eigentlich links vom Käfer, ich habe diesen für diese Aufnahme nach hinten gestellt)

  • Käfer in Joghurtbecher an Stab auf Brockhaus

  • Der Strahler mit ein paar Lagen Butterbrotpapier für diffuses Licht (ganz rechts)

  • vorne: Kamera mit Lupenobjektiv auf Makroschlitten auf Stativ

Alle technischen Geräte sind über Kabel miteinander verbunden.

Im nächsten Schritt verschiebe ich alle Aufnahmen auf den Hauptrechner, auf dem ich die Bilder dann miteinander verrechne, weiter verarbeite und später bearbeite.

Animation von Aufnahmen aus unterschiedlichen Perspektiven vom Hauptbild aus Teil 1 der Serie

Und sonst so?

Aufgrund der Vielzahl der erstellten Aufnahmen ist das Bild weitaus höher aufgelöst, als dies bei einer Einzelaufnahme der Fall ist. Dadurch lassen sich dann auch lustige Animationen berechnen und es sind Detailaufnahmen in richtig guter Qualität möglich (Abbildung 9).

Übrigens haben - wie immer - alle hier auf der Webseite gezeigten Bilder eine weitaus geringe Auflösung als im Original. Dies ist deshalb so, damit die Webseite zügig dargestellt wird und die Ladezeiten erträglich bleiben. In der Originalgröße hat das Hauptbild im Ausdruck (bei 200 dpi) eine Breite von ungefähr 1,6 Metern.

Soweit zum technischen Hintergrund. Ich hoffe, ich habe es halbwegs verständlich erklärt und ihr habt ein bisschen dazu gelernt. Wenn Ihr weitere Fragen zum Thema habt, gern in den Kommentaren.

Im nächsten und letzten Teil dieser Serie geht es dann um die Bearbeitung des Bildes. Das ist etwas weniger technisch, dafür kreativer.

Abb. 9, Ausschnitt aus dem Hauptbild

 
Ulrich Kiel9 Comments